Schwimmende Photovoltaikanlage für das Kieswerk Nieder-Roden.
Der Badesee Nieder-Roden liefert nicht nur Sand und Kies, sondern bald auch elektrischen Strom. Die Kaspar Weiss GmbH & Co. KG hat vor ihrem Kieswerk eine schwimmende Photovoltaikanlage (PV) installiert – die erste im Kreis Offenbach.
Die Anlage ist etwas größer als 10 000 Quadratmeter, wie das Regierungspräsidium Darmstadt auf Anfrage mitteilt. Sie kann bis zu 2,1 Megawatt elektrische Energie liefern. Zurzeit ist sie noch nicht am Netz.
Das Kieswerk will den Strom in erster Linie selbst verbrauchen. Überschüssige Energie soll ins allgemeine Stromnetz eingespeist werden, zum Beispiel bei Betriebsruhe und an den Wochenenden.
Strom in erster Linie für den Eigenbedarf
„Der überwiegende Anteil des produzierten Stroms geht sicher in den Eigenbedarf“, sagt Martin Weiss, einer der beiden Geschäftsführer. Er hoffe, mehr als 50 Prozent des Energieverbrauchs aus Sonnenstrom decken zu können. Als einen wesentlichen Grund für diesen Schritt nennt er die Versorgungssicherheit. Der Überfall der russischen Armee auf die Ukraine habe die Strompreise unkalkulierbar gemacht. Weiss spricht in diesem Zusammenhang von einem Jo-Jo-Effekt.
Etwa 2,5 Millionen Euro hat das Solarkraftwerk mitsamt den notwendigen Umbauten gekostet. „Das ist eine Investition in die Zukunft“, betont Martin Weiss: „Wie will man die Transformation denn sonst realisieren?“ Beim Umstieg auf erneuerbare Energien sei nicht nur der Staat gefordert, sondern auch die Wirtschaft. Das Kieswerk wolle erst einmal Erfahrungen mit dem Solarstrom sammeln: „Wir hätten theoretisch die Möglichkeit der Erweiterung der Anlage.“ Von diesen Erfahrungen könne auch die Stadt Rodgau profitieren.
Neun Monate bis zur Genehmigung
Vor etwa drei Wochen wurden die ersten Teile der Photovoltaikanlage zu Wasser gelassen. Die Vorarbeiten am Ufer fanden bereits im Februar statt. Die Planung erforderte wesentlich mehr Zeit. „Wir hatten einen Vorlauf von einem bis eineinhalb Jahren“, berichtet Geschäftsführer Weiss. Dabei sei es nicht nur um das Wasserrecht und den Naturschutz gegangen, sondern auch um das Stromnetz. Eine besondere Genehmigung sei notwendig, um bis zu 2,1 Megawatt ins Netz einspeisen zu können. Nun fehle nur noch der externe Transformator, um die Anlage ans Netz zu bringen: „Wir hoffen darauf, dass er zeitnah installiert werden kann.“
Schwimmende PV-Anlagen sind nur auf künstlichen Gewässern wie dem Baggersee zulässig. Sie dürfen höchstens 15 Prozent der Wasserfläche bedecken und müssen mindestens 40 Meter vom Ufer entfernt sein, wie es im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes heißt. In Hessen gelten weitere Vorschriften: Das Solarkraftwerk darf weder die Eigenschaften des Gewässers noch den Hochwasserschutz beeinträchtigen.
In Nieder-Roden spielt zusätzlich das Bergrecht eine Rolle, weil die Kiesförderung als Bergbau gilt. Der Betreiber des Kieswerks musste beim Regierungspräsidium (RP) Darmstadt eine Änderung des Rahmenbetriebsplans und die Zulassung eines Sonderbetriebsplans beantragen. Neun Monate dauerte es vom ersten Antrag im Januar 2024 bis zur Genehmigung am 22. Oktober.
Umweltverbände wurden gefragt
Bei der Entscheidung berücksichtigte das RP auch Stellungnahmen örtlicher Stellen. Gefragt wurden die Untere Wasserbehörde des Kreises Offenbach, die Stadt Rodgau und der Zweckverband Wasserversorgung Stadt und Kreis Offenbach, weil der Tagebau im Wasserschutzgebiet liegt. Auch Umweltverbände konnten sich zu dem Vorhaben äußern.
Der Ermessensspielraum der Genehmigungsbehörde ist gering. „Wenn die (bergrechtlichen) Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind, hat der Unternehmer Anspruch auf die Zulassung“, teilt das Regierungspräsidium auf Anfrage mit.
In der Bevölkerung hat die neue PV-Anlage einige Fragen, Sorgen und Befürchtungen ausgelöst. Das liegt daran, dass der Rodgau-See mehrere Funktionen in sich vereint. Neben dem Tagebau dient er auch als Badesee und als Angelgewässer. Die Stadt Rodgau ist davon überzeugt, dass sich die unterschiedlichen Nutzergruppen nicht in die Quere kommen. „Die Photovoltaikanlage beeinträchtigt den Schwimmbetrieb nicht“, betont Pressesprecherin Sabine Hooke. Die schwimmenden Solarmodule sind etwa 250 Meter von der durch Bojen markierten Badezone entfernt.
Für die Kaspar Weiss GmbH & Co. KG soll das Solarkraftwerk in Nieder-Roden nicht das einzige bleiben. „Wir haben ja auch ein Kieswerk in Babenhausen“, sagt Geschäftsführer Martin Weiss. Auch dort sei eine solche Anlage denkbar.
Auf dem Dudenhöfer See bei Babenhausen wurde bereits vor 15 Jahren eine schwimmende PV-Anlage installiert. Dabei handelte es sich allerdings um eine kleine Eigenkonstruktion. (Ekkehard Wolf, Text & Fotos)

